Arnold Stadler
Juror Literatur
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Arnold Stadler
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© Hans-Christian Marxen
Arnold Stadler
Juror Literatur

Arnold Stadler ist Juror für Literatur im Herrenhaus Edenkoben seit 2004.


Im Jahr 1989 zog er als 35jähriger junger Autor ins Herrenhaus ein, das damals noch Künstlerhaus Edenkoben hieß. Nach Wolfgang Hilbig und Peter Kurzeck war er einer der ersten Stipendiaten in diesem Haus. Das war kurz nachdem sein erster Roman Ich war einmal erschienen war und Martin Walser ihm in einer euphorischen Rezension eine Zukunft als großer Autor vorausgesagt hatte. Er hat recht behalten. Bereits 10 Jahre und 9 Bücher später erhielt Arnold Stadler die höchste Auszeichnung, die einem Autor in Deutschland zu Teil werden kann, den Georg Büchner-Preis. Zu Lesungen kehrte der Gefeierte nun immer wieder zurück an den Ort, an dem er ein halbes Jahr als junger Stipendiat verbracht hatte, und der nun schon seit 2 Jahren Herrenhaus Edenkoben hieß. Bald begann er als unser Juror und als Mitinitiator der Schreibwerkstätten der Jürgen Ponto-Stiftung im Herrenhaus und in manch anderer Weise das literarische Profil unseres Hauses aktiv mitzugestalten, und das geschieht bis heute.

Während dieser Jahre, in denen er uns so viel von seiner Zeit und so viel Engagement geschenkt hat, hat der Dichter Arnold Stadler ein herausragendes literarisches Lebenswerk geschaffen.

Als Arnold Stadler 1999 der Georg Büchner-Preis verliehen wurde, hielt der inzwischen verstorbene Schriftsteller und Kritiker Peter Hamm die Laudatio, der er den Titel gab: „Arnold Stadler oder Das übermütig vertuschte Unglück“:

Sie beginnt mit dem Satz: „Arnold Stadlers Bücher sind zum Lachen. Aber das Lachen, das sie auslösen, enthält stets schon sein eigenes Dementi.“ Und fast am Ende heißt es: „Peter Handke, der neben Martin Walser zu den frühesten Stadler-Begeisterten gehörte, hat von dessen Büchern nicht nur gesagt, sie seien die eines mit sich selbst oft erschreckend strengen Kindes und balancierten kühn »zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit«, sondern auch dies, dass sie, so wie andere Bücher kein mehrmaliges Lesen vertragen, kein einmaliges Lesen vertrügen, weil beim einmaligen Lesen der aus dem Mündlichen herrührende Darsteller- oder Schauspielergestus den eigentlichen, den geschriebenen Text von Stadlers Büchern zu verdecken drohe. Auch, möchte ich hinzufügen, erscheinen die für Stadlers Bücher so kennzeichnenden Abstürze zwischen zu großer Sehnsucht und zu großer Ernüchterung beim ersten Lesen leicht nur als stilistisches Ungleichgewicht. Beim zweiten Lesen entdeckt man dann, dass immer Scham die Urheberin solcher Brüche ist, Scham, welche die Herkunft der Komik aus der Verzweiflung vertuschen will durch rasche Tonlagenwechsel.“ Auch 25 Jahre später kann man das Besondere, das Arnold Stadlers Schreiben so spontan mitreißend macht und einen so langen Nachhall erzeugt, nicht besser beschreiben.

Arnold Stadler wurde am 9. April 1954 in Südbaden geboren und wuchs  in dem kleinen 500 Seelen-Dorf Rast bei Meßkirch auf. Er studierte katholische Theologie in München und Rom, anschließend Germanistik in Freiburg und Köln. Promotion 1986 mit der Dissertation Das Buch der Psalmen und die deutschsprachige Lyrik des 20. Jahrhunderts. Im Jahre 2006 erhielt er überdies die Ehrendoktorwürde der Freien Universität Berlin.
Nach langen Reisen, die ihn unter anderem nach Südamerika  und in den Nahen und Fernen Osten führten, machte Stadler in den 1980er Jahren das Schreiben zu seinem Beruf.

Für sein literarisches Werk erhielt er zahllose Auszeichnungen, Preise und Ehrungen. Stadler ist Mitglied der Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur, der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung Darmstadt sowie der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. Außerdem ist der Mitglied im Stiftungsrat des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels und Mitglied im PEN-Zentruim Deutschland.

Im Jahre 2009 erschien das Autorenbuch "Als wäre er ein anderer gewesen: Zum Werk von Arnold Stadler", herausgegeben von Pia Reinacher.

Publikationen (Auswahl):

  • Kein Herz und keine Seele. Man muss es singen können. Gedichte. Erker-Verlag, St. Gallen 1986.
  • Das Buch der Psalmen und die deutschsprachige Lyrik des 20. Jahrhunderts. Zu den Psalmen im Werk Bertolt Brechts und Paul Celans (Dissertation Universität Köln 1986). Böhlau Verlag, Köln/Wien 1989.
  • Ich war einmal. Roman. Residenz, Salzburg 1989.
  • Feuerland. Roman. Residenz, Salzburg 1992.
  • Mein Hund, meine Sau, mein Leben. Roman. Residenz, Salzburg 1994. Mit einem Nachwort von Martin Walser.
  • Warum toben die Heiden und andere Psalmen. Residenz, Salzburg 1995.
  • Gedichte aufs Land. Mit Offsetlithografien von Hildegard Pütz. Eremiten-Presse, Düsseldorf 1995.
  • Der Tod und ich, wir zwei. Residenz, Salzburg 1996.
  • Johann Peter Hebels Unvergänglichkeit. Mayer, Berlin/Stuttgart 1997.
  • Ausflug nach Afrika. Eine Wintergeschichte. Edition Isele, Eggingen 1997.
  • Volubilis oder Meine Reisen ans Ende der Welt. Erzählungen. Edition Isele, Eggingen 1999.
  • Ein hinreissender Schrotthändler. Roman. DuMont, Köln 1999, Taschenbuch: Goldmann, München 2001.
  • "Die Menschen lügen. Alle“ und andere Psalmen. Aus dem Hebräischen übertragen und mit einem Nachwort versehen von Arnold Stadler. Insel, Frankfurt a. M. 1999.
  • Erbarmen mit dem Seziermesser. Essays. DuMont, Köln 2000.
  • Tohuwabohu. Heiliges und Profanes, gelesen und wiedergelesen von Arnold Stadler nach dem 11. September 2001. Anthologie. DuMont, Köln 2002.
  • Sehnsucht. Versuch über das erste Mal. Roman. DuMont, Köln 2002.
  • Eines Tages, vielleicht auch nachts. Roma. Jung und Jung, Salzburg/Wien 2003.
  • Mein Stifter. Porträt eines Selbstmörders in spe. DuMont, Köln 2005.
  • Komm, gehen wir. Roman. S. Fischer, Frankfurt a. M. 2007.
  • Salvatore. S. Fischer, Frankfurt a. M. 2008.
  • Träumen vom Fliegen. Mit dem Fotokünstler Jan von Holleben. Hoffmann und Campe, Hamburg 2008.
  • Einmal auf der Welt. Und dann so. Roman. (Kompilierte, überarbeitete und erweiterte Fassung der Romane Ich war einmal, Feuerland und Mein Hund, meine Sau, mein Leben). S. Fischer, Frankfurt a. M. 2009.
  • New York machen wir das nächste Mal. Geschichten aus dem Zweistromland. S. Fischer, Frankfurt a. M. 2011.
  • Auf dem Weg nach Winterreute: Ein Ausflug in die Welt des Malers Jakob Bräckle. Jung und Jung, Salzburg/Wien 2012.
  • Da steht ein großes JA vor mir. Zu einer Arbeit von Margaret Marquardt. Jung und Jung, Salzburg 2013.
  • Bilder als Partituren des Lebens: Ein Ausflug in die Welt des Malers Jakob Bräckle. Eine Vergegenwärtigung. Steiner, Stuttgart 2013. (Vorgelegt in der Plenarsitzung der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz am 15. Juni 2012).
  • Evangelium Pasolini. Hörspiel. Regie: Oliver Sturm (HR/DLF 2016, Länge: 65'32)[21].
  • Rauschzeit. S. Fischer, Frankfurt a. M. 2016.
  • Am siebten Tag flog ich zurück. S. Fischer, Frankfurt a. M. 2021.
  • Mein Leben mit Mark. Unterwegs in der Welt des Malers Mark Tobey. C. Hanser, München 2022.
  • Irgendwo. Aber am Meer. S. Fischer, Frankfurt a. M. 2023.