Komposition
Dr. Herbert Zapp-Gedächtnisstipendium
Dietrich Eichmann, geboren 1966 in Erlangen und aufgewachsen in Berlin, begegnete als Jugendlicher Alexander von Schlippenbach, der sein erster Lehrer und Mentor wurde. Wolfgang Neuss, den "Mann mit der Pauke", zählt Eichmann neben Cecil Taylor, Bernd Alois Zimmermann, Luigi Nono und Morton Feldman zu den wichtigsten Anregern seines Schaffens. 1986-92 studierte er Komposition bei Wolfgang Rihm in Karlsruhe. Er war Mitbegründer der Neuen Komponisten Gesellschaft e.V. (NKG), die 1990-96 Konzerte und Happenings in Karlsruhe und auf überregionaler und internationaler Ebene präsentierte. 1992-96 schloss er seine Studien bei Frederic Rzewski am Conservatoire Royal de Musique de Liège (Belgien) ab. Er gründete das CD-Label oaksmus und organisierte 2000-04 die gleichnamige Studiokonzertreihe in Berlin.
Eichmanns kompositorisches Œuvre umfasst etwa 60 Werke aller Kategorien. 1995-96 entstand in Zusammenarbeit mit der Choreographin Stéphanie Aubin im Auftrag der Opéra de Lyon ein Ballett-Triptychon nach seiner Musik, das über 20 Aufführungen in Paris und Lyon erlebte. Sein 1999 durch das SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg aus der Taufe gehobenes Klavierkonzert Entre deux guerres war 2002 ein Höhepunkt des PGNM-Festivals "Reaktionen - musikalische Konfrontationen mit der politischen Gegenwart" in Bremen und wird 10 Jahre später ins Repertoire des Schweizer Ensemble Contrechamps aufgenommen. 2002 erklang die erste Version seines Prayer to the Unknown Gods of the People Without Rights für Ensemble mit improvisierendem Solisten durch das Wuppertaler Kammerorchester und Peter Brötzmann im Rahmen des Festivals "Die 3. Art", Wuppertal. Das Ensemble Modern, das beim Berliner Festival "MaerzMusik 2002" sein Werk Verdichtung uraufgeführt hatte, bestellte eine neue Version des Stückes für Brötzmann, welche im April 2006 in Frankfurt uraufgeführt wurde. 2013 wurde seine erste Kammeroper ATLAS in Teilen uraufgeführt. Ein zweites Musiktheater - DsHsdrKrnkhtn, in Zusammenarbeit mit der Berliner Kontrabassistin Astrid Weins - folgte im Rahmen des Berliner Garagenopernfestivals im Januar 2014. Die in Zusammenarbeit mit dem Regisseur Enrico Stolzenburg und dem Autor Kai-Ivo Baulitz entwickelte „Musikalische Wirtshauskomödie“ Schwarze Bären feierte im Mai 2014 am Deutschen Nationaltheater Weimar Premiere.
In Zusammenarbeit mit außergewöhnlichen Solisten führten Eichmanns zahlreiche Kammermusikwerke nicht nur zu Erweiterung der instrumentalen Möglichkeiten, sondern auch zu einer Erneuerung des Verhältnisses zwischen Komponist und Interpret, indem der letztere sich das komponierte Material mit der Intensität des improvisierenden Musikers, der seine eigene Musik kreiert, aneignet.
Seit der letzten Dekade beschäftigt sich Eichmann wieder aktiv mit improvisierter Musik. Während seiner ersten USA-Tournee 2002 begann die erfolgreiche Duo-Arbeit mit dem New Yorker Schlagzeuger Jeff Arnal. Das Duo gastierte u.a. im Goethe-Institut New York City, im Antwerpener Konzertsaal deSingel, im Sendesaal von Radio Bremen, auf dem Festival Improvised and Otherwise, Brooklyn 2005, im Exploratorium Berlin und bei den Rencontres musiques et littérature, Paris 2009. Das Dietrich Eichmann Ensemble, mit dem Sänger und Elektronik-Spezialisten Gunnar Brandt-Sigurdsson, dem Saxophonisten Chris Heenan, dem Schlagzeuger Michael Griener, sowie den beiden Kontrabassisten Alexander Frangenheim und Christian Weber, war 2008 das erste Improvisationsensemble, das auf der PGNM-Tagung in Bremen gastierte, und beschritt neue Wege der „freien Improvisation“ in der Zusammenarbeit mit dem Londoner Art Rock Duo Walter & Sabrina. Seit 2012 mehrere Russland-Tourneen mit den Musikern Sergey Letov und Alexei Borisov.
Als Pädagoge gab Eichmann verschiedene Workshops und Lehrveranstaltungen zu Komposition und Improvisation an Schulen und Internaten. Er gestaltete umfangreiche pädagogische Projekte für Institutionen wie die Universität der Künste und MaerzMusik, die Education Abteilung der Berliner Philharmoniker, ohrenstrand.net und die Stiftung Genshagen.
Eichmann war Stipendiat der Darmstädter Ferienkurse, von one art Baden-Baden, der Heinrich-Strobel-Stiftung des Südwestfunks, der Senatsverwaltung für kulturelle Angelegenheiten Berlin, der International Music Omi Summer Residency, der Cité Internationale des Arts in Paris, der Zeitgenössischen Oper Berlin und wurde durch „Berliner Kompositionsaufträge“ gefördert. 2014/15 war er Gastkünstler am ZKM Karlsruhe.
Seine Musik ist durch zahlreiche Rundfunkaufnahmen und Tonträgerveröffentlichungen international dokumentiert.
Partituren seiner Kompositionen erscheinen in der Edition Gravis / Verlag Neue Musik.
Diskographie (Auswahl)
Dietrich Eichmann: hole in the bird
Piano Quartet The Late 92 (1993)
Stinkfinger-Joe the Mass Murderer Meets Leather-Lilly in Hong Kong's Morning Twilight (1994)
Vorläufig namenlose Komposition für Flöte und Klavier (1996)
Edition Zeitgenössische Musik des Deutschen Musikrates
Wergo CD WER 6550 2 (2001)
Game and Earnest (1989)
Konzert für Schachspieler, computergesteuerte Sampler & Synthesizer, Konzertflügel, elektrische & akustische Gitarren, Plattenspieler, Tapes & Rückkopplung, Alt- & Baritonsaxophon und Klangregisseur
von und mit Dietrich Eichmann, Christoph Grund, Uwe Kremp, Wolfgang von Stürmer und Reimar Volker
oaksmus CD omH02 (2001)
Dietrich Eichmann: Entre deux guerres (1996-99)
Konzert für Soloklavier und vierzehn Musiker
Christoph Grund - Soloklavier, Solisten des SWR Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg, David R. Coleman - Dirigent
oaksmus CD omH03 (2002)
the temperature dropped again
Arnal & Eichmann
Studioaufnahmen, Baden-Baden, Dezember 2002
Leo Records CD LR390 (2004)
Live in Hamburg
Arnal & Eichmann
Brokenresearch LP br017 (2007)
the hot days
Dietrich Eichmann Ensemble
Leo Records CD LR486 (2007)
demons!
Walter & Sabrina / Dietrich Eichmann Ensemble
Danny Dark Records 2 CDs DD1148 (2008)
PAIL BUG
Dietrich Eichmann – Klavier, John Hughes – Kontrabass, Astrid Weins – Kontrabass, Jeff Arnal – Schlagzeug
Generate Records CD gen18 (2011)
DIETRICH EICHMANN - WERKAUSWAHL
Game and Earnest (1987/89)
Konzert für Schachspieler, computergesteuerte Sampler und Synthesizer, Konzertflügel, akustische & elektrische Gitarren, Plattenspieler, Tapes & Rückkopplung, Alt- & Baritonsaxophon und Klangregisseur, 60 Min.
UA 1987, FIQ with guests
PRAE-BLUE (1988)
Akkordeon solo & Ensemble: Fl, Altsax, Fag/Kfag, Trp, Pos, Klav,
Schlzg, Vla, Kb, 16 Min.
UA 1990, Teodoro Anzellotti, Ensemble Modern
Trio für Horn, Violine & Klavier (1988-89)
Horn, Violine, Klavier, 34 Min.
UA 1990, Trio 61
mirlitonnades (1986-90)
mit einigen Gedichten von Samuel Beckett
2 Mezzosoprane, Live-electronics & großes Ensemble: Es-kl, Bkl/Kbkl, Altsax, Tenorsax, 3 Pos, E-Gitarre, E-Bass, Akk, Klav/Cel, 3 Schlzg,
Vln, Vla, 2 Vcl, 2 Kb, 24 Min.
UA 1991, Gabriele Grund, Stefanie Smits, Solistenensemble Berlin,
Ltg. Mirjam Sohar
Damnation du pouls (1991)
Pos, Klav, 2 Altsax, Tenorsax, Barsax, 15 Min.
UA 1991, Uwe Dierksen, Christoph Grund, Berliner Saxophonquartett
Study No. 869 (1992)
Violoncello solo, 16 Min.
UA 1992, Ulrich Bürck
Piano Quartet The Late 92 (1993)
vier Klaviere, 20 Min.
UA 1993, Anne-Michèle Schaack, Brigida Romano, Véronique Englebert, Claude Ledoux
Study No. 912 (1994)
Klavier solo, 14 Min.
UA 1995, Alain Franco
Stinkfinger-Joe the Mass Murderer Meets Leather-Lilly in Hong Kong’s Morning Twilight (1994) Klarinette, Violine, Klavier, 17 Min.
UA 1994, Kammerensemble Neue Musik Berlin
Der Nietzsche mit sich allein (1994)
Mezzosopran, Tenor & vier gemischte Chorgruppen, 7 Min.
Text: einige Phrasen von F.Nietzsche.
UA 1994, Berliner Kammerchor, Ltg. Mirjam Sohar
Study No. 403 (1994)
Streichquartett, 7 Min.
UA 1995, The Emperor String Quartet
Outre-Meuse en bas (1994)
für sechs (auch singende) Spieler mit: Posaune, Bombarde, Akkordeon, Vibraband, und vier Hybrid Instruments (konstruiert von Ken Butler): Shovel, BrushAxe, HockeyGulf und CaneRackett, 20 Min.
UA 1994, The DIY Ensemble
La pulsation intégrale (1995)
für Orchester: 1-0-4-2 / 2-3-3-1 / 4 Schlzg / 1-1-2-2-2, 30 Min.
(aus Musique dansée)
UA 1996, Orchestre de l’Opéra de Lyon, Ltg. Alain Franco
Vorläufig namenlose Komposition für Flöte und Klavier (1996)
Flöte & Klavier, 40 Min.
UA 2001, Gunhild Ott, Christoph Grund
Entre deux guerres
Konzert für Klavier und Ensemble (1996-99)
Klavier solo & 14 Musiker: Fl/Picc, Kl/Bkl, Barsax, Hr, Trp, Pos, E-Gitarre, Akk,
2 Schlzg, 2 Vln, Vla, Vcl, 46 Min.
UA 1999, Christoph Grund & SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg,
Ltg. David R. Coleman
Study No. 508 (1999)
Schlagzeug solo, 12 Min.
UA 2001, Jochen Schorer
Verdichtung
für Ensemble mit Schlagzeug und Harfe (2001-02)
Fl/Picc, Ob/EH, Kl, Bkl/Kbkl, Fag/Kfag, Hr, Trp, Pos, Tuba, 3 Schlzg, Harfe, E-Gitarre, 2 Vln, Vla, Vcl, Kb, 16 Min.
UA 2002, Ensemble Modern, Ltg. Dominique My
Micro-Concerto for Lyricon & Three Duets (2003)
Vla, Shakuhachi (o. Vln) / Fl, Bkl I / Bkl II, Vcl / Lyricon 7 Min.
UA 2003, Jorrit Dijkstra & Ensemble der International Music Omi Summer Residency
Die letzte Äußerung des delphischen Orakels (2003-04)
nach einem Gedicht von Thomas Kling
3 Soprane, 3 Tenöre, Kl, Barsax, 2 Trp, Pos, Horn, Tuba, 2 Schlzg, 2 Vln, Vla, Vcl, Kb,
17 Min.
Flight for Liudas (2004)
Streichquartett mit improvisierendem Sopransaxophonisten 12 Min.
UA 2004, Liudas Mockūnas & Chordos Quartet, Vilnius
Prayer to the Unknown Gods of the People Without Rights
für Ensemble mit improvisierendem Solisten (2002/06)
für Peter Brötzmann
Kl, Bkl, Altsax, Baritonsax, Fag/Kfag, 2 Trp, 2 Pos, 4 Schlzg, Klavier,
2 Vln, Vla, Vcl, Kb, 30 Min.
UA 2002: Peter Brötzmann & Kammerorchester der Musikhochschule Wuppertal,
Ltg. Werner Dickel. Neufassung 2006: Peter Brötzmann, Ensemble Modern, Ltg. John Storgards
Deutschland wünscht sich was (2006)
Elektroakustische Musik zu einem Film von Cédric Labourdette 20’
Study No. 393 (2007-08)
Fagott und Live-Elektronik 8’40
UA 2009, Johannes Schwarz, Felix Dreher
Echo3 (2011)
Vier Schlagzeuger an Edelstahlskulpturen von Klaus Gündchen 14’50
UA 2011, Michael Fischer, Markus Hauke, Holger Mertin und Nils Tannert, Ltg. Dietrich Eichmann
Modulare Einlassung (2010-11)
Violine, modulare Synthesizer und Step Sequencer 26’00
UA 2011, Ekkehard Windrich, Thomas Rehnert, Dietrich Eichmann
KfVumS – Komposition für Violine und modulare Synthesizer (2010-11)
Violine, modulare Synthesizer und Step Sequencer 43’00
UA 2011, Ekkehard Windrich, Thomas Rehnert, Dietrich Eichmann
ATLAS (2013)
Fragment einer Kammeroper (Libretto: Inga Franke) für Sopran, singende Säge, Vibraphon/Marimba 15 Min.
UA 2013, Gesa Hoppe, Aleksander Kolkowski, Sabrina Ma. Bildnerische Gestaltung: Emel Geris
DsHsdrKrnkhtn (2013-14)
Literarisch-dokumentarisches Musiktheater in Zusammenarbeit mit Astrid Weins. Texte aus Unica Zürn: ”Das Haus der Krankheiten” und Protokollen der Zeugenaussagen vor dem President’s Advisory Committee on Human Radiation Experiments (USA 1995) für Sopran, Klavier Kontrabass, Zuspiele und Videoprojektion 65 Min.
UA 2014, Gesa Hoppe, Dietrich Eichmann, Astrid Weins, Nicolas Wiese. Videoprojektion: Sabine Schall
Schwarze Bären oder Die Erfindung der Republik (2014)
Eine musikalische Wirtshauskomödie (Text: Kai-Ivo Baulitz) für Sopran, 2 Tenöre, 2 Schauspieler, 3 Schauspielerinnen, Fl/Picc, Kl, Tp, Basspos, 2 Schlzg, Vln, Vla, Vcl, Kb ca. 120 Min.
UA 2014, Ensemble des Deutschen Nationaltheaters und Staatskapelle Weimar, musikalische Leitung: Dirk Sobe, Regie: Enrico Stolzenburg
Offener Vollzug (2015)
für sieben Instrumente: Tp, Pos, 2 Schlzg, präp. Klav, E-Git, Vcl 12 Min.
UA 2016, Ensemble Ascolta, ECLAT Stuttgart
www.dietrich-eichmann.de
www.oaksmus.de